Aktuelle Rechtsinformationen[Inhalt] Kindliche Gewalterfahrung: Umgangsausschluss kann nach häuslicher Gewalt verlängert werden Um Menschen durch Gewalterfahrungen nachhaltig zu prägen, muss sich die Gewalt nicht direkt gegen sie wenden. Das zeigt sich oft genug an häuslicher Gewalt, der Kinder beizuwohnen gezwungen sind. Erlebt ein Kind, wie der eine Elternteil gegen den anderen Gewalt ausübt, ist das bei der Entscheidung zum Umgangsrecht stets zu berücksichtigen. Dass ein bereits getroffener Umgangsausschluss in der zweiten Instanz sogar noch verlängert werden kann, zeigt dieser Fall des Oberlandesgerichts Saarbrücken (OLG). Ein Paar hat gemeinsam einen elfjährigen Sohn. Am 24.03.2023 wurde der Vater wegen Körperverletzung in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Bedrohung sowie Beleidigung und versuchter Nötigung zum Nachteil der Mutter, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung verurteilt. Dies bedeutete, dass er auf freiem Fuß bleibt. Deshalb verpflichteten sich die Eltern in einem Gewaltschutzeilverfahren am 14.06.2023 wechselseitig zur Einhaltung eines umfassenden Kontakt- und Näherungsverbots. Der Mutter wurde zudem das umfassende Sorgerecht übertragen. Dagegen legte der Vater Beschwerde ein, die verworfen wurde. Stattdessen wurde ihm zusätzlich untersagt, bis zum 27.03.2025 mit seinem Sohn in Kontakt zu treten. Daraufhin legte der Vater erneut Beschwerde ein. Er verlangte eine gestufte Umgangsregelung. Damit scheiterte er jedoch vor dem OLG. Zwar muss das Gericht in Umgangssachen verhältnismäßig entscheiden, also mildere Mittel als den Umgangsausschluss prüfen, wie beispielsweise einen begleiteten Umgang. Hat aber der eine Elternteil Gewalt gegen den anderen ausgeübt, hat das Kind besondere Belastungen zu tragen. Diese sind schon wegen des Art. 31 der "Istanbul-Konvention" (Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt v. 11.05.2011) zu berücksichtigen. Erlebt ein Kind Gewalt eines Elternteils gegen den anderen, wirkt dies auf das Kind wie ausgeübte psychische Gewalt. Kinder sind von ihren Elternteilen abhängig und identifizieren sich mit ihnen. Im Fall von Gewalt gegen die Eltern erlebt ein Kind folglich ungeahnte Verlust- und Existenzängste. Hinweis: Bevor in Fällen vom Kind miterlebter schwerer häuslicher Gewalt Umgang wieder in Betracht kommt - unbegleitet, aber auch begleitet -, muss zum einen das Kind dazu bereit sein, sich wieder auf den Täter einlassen zu können. Zum anderen muss geklärt sein, dass der Täter sich dem Kind adäquat nähern und ihm gegenüber Bedauern über seine Taten vermitteln kann. Quelle: OLG Saarbrücken, Beschl. v. 03.12.2024 - 6 UF 64/24
(aus: Ausgabe 03/2025)
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