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Erbeinsetzung oder Vermächtnis: Entscheidung erst durch notwendige Feststellung zu Wertverhältnissen möglich

Ein Vermächtnis ist eine Vermögenszuwendung an eine Person, ohne dass diese als Erbe eingesetzt wird. Vermacht man sein Vermögen oder einen Bruchteil dessen einem Bedachten, ist die Verfügung als Erbeinsetzung anzusehen. Stehen dem Bedachten nur einzelne Gegenstände zu, ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass dieser als Erbe eingesetzt werden sollte. Unterscheidungskriterium ist der Wert des Gegenstands, wie auch das Oberlandesgericht München (OLG) hier nochmals klarstellen musste.

Die Erblasserin war im Jahr 2022 verstorben und hinterließ zwei Adoptivkinder, nachdem der Ehemann bereits vorverstorben war. Die Eheleute hatten im Jahr 1963 einen notariellen Ehe- und Erbvertrag sowie im Jahr 1997 ein gemeinschaftliches Testament errichtet. Zudem hatte die Erblasserin im Jahr 2007 sowie im Jahr 2016 zwei weitere Testamente errichtet. Das gemeinschaftliche Testament der Eheleute enthielt im Wesentlichen eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel. Ein Adoptivkind der Erblasserin war der Ansicht, dass ihm ein Erbschein zu erteilen sei, der es als Alleinerbe ausweist. In dem Ehe- und Erbvertrag sei ihm allein der wesentliche Vermögensgegenstand zugewandt worden. Auch das Nachlassgericht beabsichtigte, sich dieser Ansicht anzuschließen, kündigte einen entsprechenden Erbschein an und setzte die sofortige Wirksamkeit zunächst aus.

Die Beschwerde des weiteren Adoptivkinds wurde umfangreich begründet, wobei das Nachlassgericht der Beschwerde nicht abhalf und die Angelegenheit dem OLG zur Entscheidung vorgelegt hat. Dieses hat die Angelegenheit jedoch an das Nachlassgericht zurückverwiesen, da es der Ansicht war, das Nachlassgericht habe sich entgegen dem Zweck des Abhilfeverfahrens nicht mit der Beschwerdebegründung auseinandergesetzt. Für das weitere Verfahren hat der Senat darauf hingewiesen, dass das Nachlassgericht für die Annahme, dass es sich um eine Erbeinsetzung gehandelt hat, Wertfeststellungen zum Erblasservermögen zum Zeitpunkt der Errichtung des Vertrags treffen muss. Anderenfalls könne nicht beurteilt werden, ob die Zuwendung eines Einzelgegenstands eine Erbeinsetzung oder die Anordnung eines Vermächtnisses sei. Des Weiteren hat das OLG darauf hingewiesen, dass eine auch schon seit vielen Jahren bestehende Rechtsprechung zu beachten sei, laut der auch die Errichtung einer sogenannten Pflichtteilsstrafklausel eine Erbeinsetzung darstellen kann. Dies müsse das Nachlassgericht jedenfalls für den Fall in Erwägung ziehen, dass der Ehe- und Erbvertrag nicht bereits eine Erbeinsetzung beinhaltet hat.

Hinweis: Pflichtteilsstrafklauseln sollen verhindern, dass nach dem Tod des Erstversterbenden Pflichtteilsansprüche gegenüber dem Längstlebenden geltend gemacht werden. Macht der Abkömmling diese Ansprüche trotzdem geltend, soll er von der Schlusserbfolge ausgeschlossen sein.


Quelle: OLG München, Beschl. v. 29.02.2024 - 33 Wx 309/23 e
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 07/2024)

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