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Änderungskündigung zur Lohnreduzierung: Einseitiger Eingriff durch den Arbeitgeber in ausgehandeltes Vertragsgefüge bleibt unzulässig

Der folgende Fall fand zwar seinen Anfang vor der Coronakrise, doch besonders seit Ausbruch des Virus werden viele Arbeitgeber in einseitigen Lohnkürzungen ihren Rettungsanker suchen. Und genau hierfür dient das folgende Beispiel, dessen Fallentscheidung durch das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (LAG) nun passenderweise veröffentlicht wurde.

Ein Arbeitnehmer war seit vielen Jahrzehnten als Kfz-Elektriker bei seinem Arbeitgeber tätig und erhielt einen Stundenlohn von 14 EUR brutto. Darüber hinaus erhielt er von seinem Arbeitgeber Weihnachts- und Urlaubsgeld. Dann teilte der Arbeitgeber mit, dass angesichts des besorgniserregenden Krankenstands die Gratifikationen ab dem Jahr 2017 nur noch ausgezahlt würden, wenn nicht mehr als 30 krankheitsbedingte Fehltage im Jahr vorliegen würden. Der Arbeitnehmer erhielt zudem eine Änderungskündigung: Sein Stundenlohn wurde auf 13 EUR reduziert. Der Arbeitnehmer war im Jahr 2018 an 37 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt. Er klagte deshalb sein nicht bezahltes Urlaubsgeld ein und zudem gegen die Änderungskündigung zur Lohnreduzierung.

Die Richter des LAG waren dabei auch durchaus auf seiner Seite. Das Recht zur Einbehaltung der Gratifikation wegen einer bestimmten Anzahl von Arbeitsunfähigkeitstagen ergab sich weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus anderen Regelungen. Auch die Lohnsenkung war unwirksam. Da der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gar nicht beenden wollte, lag auch keine Änderungskündigung vor. Die Kündigung hatte sich allein auf die Lohnhöhe bezogen - und damit handelte es sich um eine Teilkündigung. Teilkündigungen sind jedoch generell unwirksam, um einen einseitigen Eingriff durch den Arbeitgeber in das ausgehandelte Vertragsgefüge zu vermeiden.

Hinweis: Der Arbeitnehmer hat den Rechtsstreit gewonnen. Erhalten Arbeitnehmer eine Änderungskündigung, müssen sie dagegen - wie gegen jede andere Kündigung auch - binnen drei Wochen vorgehen. Wird die Frist versäumt, ist die Kündigung bestandskräftig.


Quelle: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 29.10.2019 - 5 Sa 72/19
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 05/2020)

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