[Inhalt]
[Vorheriger Text][Nächster Text]

Geordnete Verhältnisse: Im Streit um die eheliche Wohnung kommt dem Kindeswohl die entscheidende Bedeutung zu

Bei Trennungen entsteht regelmäßig Streit darüber, wer in der bislang gemeinsam bewohnten Wohnung verbleiben darf und wer ausziehen muss. Das Gesetz verweist für die Entscheidung auf die sogenannte Billigkeit. Was das in der Praxis bedeutet, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts Hamburg (OLG).

Im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens hatten sich hier die Ehegatten vorläufig darauf geeinigt, dass die Frau mit den drei minderjährigen Kindern in der nur 67 m2 großen Wohnung (2,5 Zimmer) wohnen bleibt. Der Mann darf sie seinerseits zwischen 7.45 Uhr und 15 Uhr nutzen, wenn die Frau bei der Arbeit ist. Was einfach klingt, ist es natürlich nicht: Die Spannungen zwischen den Ehegatten nahmen zu. Als es um die abschließende Regelung ging, machte die Frau geltend, der Mann solle die Wohnung gar nicht mehr betreten. Der Mann hielt dagegen, er habe Mühe, Wohnraum für sich zu finden - unter anderem wegen seiner schlechten wirtschaftlichen Situation. Er könne sich deshalb vorstellen, abends erst um 22 Uhr in die Wohnung zu kommen, die Toilette zu benutzen und dann im Wohnzimmer zu schlafen.

Das OLG hielt von einer solchen Lösung scheinbar wenig - es wies die Wohnung zur alleinigen Nutzung der Frau (nebst den Kindern) zu. Die Zuweisung der Wohnung an einen Ehegatten in der Trennungszeit setzt voraus, dass sie notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Zunächst einmal sind die damit verbundenen Voraussetzungen hoch. Besonders zu achten ist bei der vorzunehmenden Bewertung aber auf das Wohl der im Haushalt lebenden Kinder. Sie haben Anspruch auf eine geordnete, ruhige und entspannte Familiensituation - und dies möglichst ohne örtliche Veränderung. Da die Wohnung zudem recht klein ist, habe der Vater unter den streitbelasteten Umständen komplett zu weichen. Seine Interessen sind in der Situation untergeordnet.

Hinweis: Bei Streitigkeiten um die Ehewohnung sind die Kinder meist das "Zünglein an der Waage". Streiten sich die Eltern heftig und können sie sich wegen der Größe der Wohnung nicht aus dem Weg gehen, wird die Wohnung meist dem Elternteil zugesprochen, der die Kinder betreut.


Quelle: OLG Hamburg, Beschl. v. 07.03.2019 - 12 UF 11/19
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 07/2019)

[Vorheriger Text][Nächster Text]
[Inhalt]

 

[Startseite] [Archiv]