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Überhöhte Instandsetzungsrechnungen: Versicherer dürfen das Werkstattrisiko nicht auf die Geschädigten abwälzen
Der folgende Fall ist nicht der erste, der aufzeigt, dass Versicherer das Risiko überhöhter Instandsetzungsrechnungen gern auf den Geschädigten abzuwälzen versuchen. Aber hier vertrat das Amtsgericht München (AG) eine gängige Auffassung, dass normalverständlichen Menschen keine detaillierten Fachkenntnisse abverlangt werden dürfen.
Bei einem Verkehrsunfall wurde ein sechs Jahre altes Fahrzeug an der vorderen Stoßstange und dem vorderen linken Kotflügel beschädigt. Die gegnerische Versicherung erstattete dem Geschädigten jedoch nur 3.600 EUR der ihm von der seinerseits beauftragten Werkstatt berechneten 3.900 EUR. Der Versicherer begründete die Kürzung damit, dass die Werkstattrechnung überhöht sei. Und hier hatte er gleich mehrere Punkte zu bemängeln: Eine zweifache Spureinstellung sei seiner Meinung nur bei vorangegangener Vermessung notwendig, für die aber kein Protokoll vorgelegt worden sei. Die Position "Anbauteile für Instandsetzung und/oder Lackierung" sei nicht nachvollziehbar, ebenso wenig der für ein sogenanntes Lackfinish geforderte Betrag, da ein Polieren hier nicht notwendig gewesen sei. Ein Betrag über 100 EUR für eine "Fahrzeugverbringung" sei gleichermaßen unverständlich. Der Geschädigte hätte aufgrund seiner Schadensminderungspflicht diese Unrichtigkeiten der Rechnung erkennen und gegenüber der Werkstatt rügen müssen - so der Versicherer. Doch das AG war da ganz anderer Auffassung.
Das Gericht verurteilte die Versicherung zur Zahlung des Differenzbetrags, allerdings Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche gegen die nach Meinung der Versicherung falsch abrechnende Werkstatt. Das Werkstattrisiko hat grundsätzlich die Versicherung zu tragen, so dass der Geschädigte die restlichen Reparaturkosten ersetzt verlangen kann - selbst wenn diese tatsächlich überhöht wären. Es ist dabei es völlig irrelevant, ob es sich um eine erforderliche Reparaturmaßnahme handelt oder eben nicht; dies zu klären, ist Aufgabe der Profis.
Hinweis: Das sogenannte Werkstattrisiko verbleibt nach dem Urteil in der Sphäre des Schädigers, denn den beschränkten Kenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten des Geschädigten sind bei der Schadensregulierung regelmäßig Grenzen gesetzt - vor allem, sobald er einen Reparaturauftrag erteilt und das zu reparierende Objekt in die Hände von Fachleuten gibt. Der Geschädigte kann in der Regel nicht erkennen, ob eine Spureinstellung nur bei Vorliegen eines Vermessungsprotokolls notwendig ist bzw. wie hoch die Lackierkosten sein dürfen und ob Verbringungskosten und Kosten für die Gutachtenerstellung üblich sind oder nicht.
Quelle: AG München, Urt. v. 16.04.2018 - 332 C 4359/18(aus: Ausgabe 11/2018)
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